Fairphone 5: Immer noch 10 von 10?
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Fairphone 5: Immer noch 10 von 10?

Als ich anfing, das Fairphone 5 auseinanderzunehmen, habe ich eigentlich keine großen Überraschungen erwartet.

Nachdem ich schon das Vorgängermodell auseinander- und dann wieder zusammengebaut hatte, habe ich ja den Ansatz von Fairphone bereits kennengelernt: Modularität und einfacher Zugang zu allen wichtigen Teilen.

Dieses Erfolgsrezept hat Fairphone bereits mehrmals angewandt und jedes Mal ein absolut reparierbares Smartphone entwickelt. Was ist dieses Mal anders – abgesehen von einem neuen, glänzenden OLED-Bildschirm und verbesserten Kameras?

Sesam öffne dich

Am Anfang bleibt alles wie gehabt: Einfach die Plastikabdeckung auf der Rückseite lösen und schon ist man drin.

Die äußere Form der hinteren Abdeckung wurde gegenüber dem Fairphone 4 ein bisschen verändert, was zusammen mit einer dickeren Nanobeschichtung zu einer leicht verbesserten IP55-Einstufung führt. Das Fairphone 5 ist also genauso staubdicht wie sein Vorgänger, kann jetzt aber auch Strahlwasser statt nur Spritzwasser überstehen.

Der Akku nimmt jetzt deutlich mehr Platz ein als beim Vorgängermodell, und hat mit 4200 mAh statt 3905 mAh auch mehr Power. Er ist das Herzstück zwischen dem oberen und unteren Modul.

Kleine aber feine Verbesserungen

Wenn man genauer hinsieht, gibt es einige tolle Verbesserungen zu erkennen, die uns Bastlern das Leben leichter machen.

Die Abdeckung vom Anschluss des oberen Moduls ist jetzt mit dem Modul verbunden und nicht mehr separat, so dass das kleine Plastikteil bei der Reparatur nicht verloren gehen kann.

Ein Foto, das zeigt, wie die Anschlussabdeckung des oberen Moduls des Fairphone 5 mit dem Modul selbst verbunden ist.

Unterhalb des oberen Moduls sind die einzeln austauschbaren Kameras direkt zugänglich, so dass nicht wie beim Vorgängermodell das komplette Kameramodul ausgetauscht werden muss, wenn eine von ihnen kaputt geht. Der Time-of-Flight-Sensor ist hingegen weiterhin direkt in das obere Modul integriert.

An der Unterseite des Telefons ist der Austausch des USB-C-Anschlusses etwas einfacher geworden: Kein Herumstochern mehr in einer kleinen Aussparung, sondern eine kleine Metallklappe auf der linken Seite, mit der man den Anschluss bequem herausheben kann.

Die zentrale Neuerung

Die Hauptänderung im Inneren wird jedoch erst sichtbar, sobald alle diese oberflächlichen Komponenten entfernt werden.

Beim Fairphone 4 hat sich das Kernmodul noch um das Gehäuse herumgeschlängelt, ähnlich wie die Platinen aktueller iPhones oder Google Pixel-Telefone. Statt dessen erblicken wir nun die Bauweise, die bei Android-Telefonen viel häufiger vorkommt: eine Aufteilung zwischen einem Motherboard und einem Tochterboard.

Laut Fairphone zwar die Änderung notwendig, um mehr Platz für den größeren Akku zu schaffen.

Ein Blick auf die Vorder- und Rückseite des Fairphone 5 nach umfangreicher Demontage.

Diese Änderung erklärt auch die Warnaufkleber, die auf den ersten Blick in einem Fairphone fehl am Platz wirken. Bisher reichte es aus, das Kernmodul mit einer Torx-Schraube zu sichern, um reparaturfreudigen DIY-lern den richtigen Weg zu weisen. Das neue Layout schafft aber eine ganze Reihe zusätzlicher Bereiche, in denen man versehentlich etwas abtrennen kann, was eigentlich nicht getrennt werden sollte.

Detailaufnahme des Antennenkabelanschlusses und der Kabel.
Die Beschriftung auf der Platine zeigt an, ob die Antennenkabel mit dem richtigen Anschluss verbunden sind.

Die Aufkleber weisen darauf hin, dass es beim Abziehen der Antennenkabel oder des Verbindungskabels zwischen Hauptplatine und Tochterplatine zu Funktionsstörungen kommen kann.

Aber auch wenn man sich dazu entschließt, die Antennenkabel abzutrennen, sind die Anschlüsse deutlich markiert, um sicherzustellen, dass man die Kabel anschließend wieder korrekt anschließen kann.

Genau darum geht es beim intuitiven Reparaturdesign: Es sollte einfach sein, das Richtige zu tun, und kompliziert, das Falsche zu tun.

Besser als Snapdragon?

Fairphone’s Engagement für Langlebigkeit hört aber nicht bei der Hardware auf.

Mit Updates für das Betriebssystem (mindestens 5 Android OS Versionen-Updates), Software und Sicherheit bis 2031 verspricht Fairphone bereits jetzt eine Nutzungsdauer von 8 Jahren, 10 Jahre sind aber das erklärte Ziel. Damit könnte Fairphone unseren Traum vom #10YearPhone wahr machen!

Der SoC(System on a Chip)-Prozessor, der dieses Versprechen antreibt, stammt von Qualcomm, aber es ist bewusst kein Snapdragon-Prozessor. Stattdessen hat sich Fairphone für den QCM6490 SoC entschieden, einen Chip, der, wie Qualcomm sagt, „speziell für industrielle und kommerzielle IoT-Anwendungen entwickelt wurde„.

Es ist der schnellste Industriechip, den Qualcomm herstellt, aber sicherlich nicht die modernste Technologie, die der Chiphersteller zu bieten hat. Aufgrund seiner industriellen Zielgruppe bietet der QCM6490 jedoch eine längere Lebensdauer als die Produkte von Qualcomm, die für Endverbraucher hergestellt werden.

Die ersten Benchmark-Tester äußern sich allerdings skeptisch in Bezug darauf, ob der Chip auch in einigen Jahren noch in der Lage sein wird, mit Android und seinen Anwendungen umzugehen. Im Moment ist er mit Mittelklasse-Handys konkurrenzfähig, aber nicht mit High-End-Handys.

Wir bleiben dabei: 10 von 10!

Beim Fairphone 5 bleiben die Aspekte erhalten, die wir schon bei den Vorgängermodellen großartig fanden, und es kommen sogar noch einige gut durchdachte Verbesserungen für die Reparaturerfahrung hinzu, wie z. B. einzeln austauschbare Kameras. Es verfügt über ein modulares Design mit einfachem Zugang zu kritischen Teilen und leicht erhältlichen, preisgünstigen Ersatzteilen. Außerdem stellt Fairphone die notwendigen Reparaturinformationen zur Verfügung.

Die neue Anordnung von Hauptplatine und Tochterplatine mag zwar „konventioneller“ sein als früher, das bedeutet aber nicht, dass die Reparierbarkeit des Telefons insgesamt darunter leidet. Auch im Fall des Fairphone 4 war das Kernmodul „aufgrund der rechtlichen und logistischen Zwänge bei der Verwaltung der IMEI-Nummern“ nicht zum Verkauf verfügbar.

Etwas enttäuschend ist, dass der Austausch des Fingerabdrucksensors nach wie vor sehr schwierig ist, da kein Ersatzteil verkauft wird. Vom Standpunkt der zu erwartenden Ausfallraten und der IP-Einstufung aus betrachtet, scheint dies jedoch ein vernünftiger Kompromiss zu sein.

Der größte Pluspunkt für die Reparaturfähigkeit des Fairphone 5 sind die Software- und Sicherheitsupdates. Es gibt zwar andere Telefone, die man auch sechs Jahre nach dem Kauf noch reparieren kann, aber oft macht das nicht viel Sinn, weil man dann eine veraltete, unsichere Android-Version verwenden müsste.

Große Unternehmen wie Samsung und Google haben ihre Update-Politik in den letzten Jahren verbessert und bieten jetzt für ihre neuesten High-End-Modelle Sicherheitsupdates für bis zu fünf oder sogar sieben Jahre an. Dennoch hinken diese Marktführer immer noch hinter Fairphone hinterher. Das Unternehmen hat bereits mit dem Fairphone 2 bewiesen, dass es in der Lage ist, sieben Jahre lang Sicherheitsupdates bereitzustellen.

Alles in Allem kommen wir damit auf eine Gesamtwertung von 10 von 10 Punkten für das Fairphone 5, hoffentlich für die nächsten 10 Jahre!

Graphic depicting 10 out of 10 on iFixit's Repairability Scale.